Musik russischer Komponisten verbannt : warum ?
Gedanken zur Krise .
Ich fände es nicht angemessen , an dieser Stelle über die russische Musik
und wie sehr mir diese fehlen wird , zu sprechen .
Aber sie wird es . . . ganz bestimmt .
Natürlich haben die Musiker und Komponisten rein gar nichts mit diesem
fürchterlichen Verbrecher P. zu schaffen . Noch sehr viel weniger als all
die russischen Menschen von heute , welche nicht persönlich involviert sind und diese auch über sie ergossene Katastrophe wortlos hinnehmen ( müssen ) .
Schweigen ist meiner Ansicht nach fast immer die schlechteste aller
Möglichkeiten . Wer aber an Leib und Leben bedroht ist reagiert gewöhnlich
angsterfüllt , dumpf bis kataleptisch , oder wie in Fernseh - Interviews mit Russinnen und Russen im In - und Ausland gezeigt , trotz besseren Wissens oft auch mit alles verdrängendem Unglauben und unverzeihbarer Ignoranz .
Heute ist das zu einem guten Teil " normal " ; ebenso situationsbedingt .
Wo aber hört für uns das kollektive Wegsehen auf ?
Oder :
« Wie dumm ( auch : feige ) dürfen wir denn überhaupt sein ? » —
hier leider gilt :
W e r
u r t e i l t
r i c h t e t
So einfach es seit langem Staat und Propaganda auch gemacht wird :
Aus der Ferne , ohne genauere Kenntnis der Lage vor Ort , der potentiellen Gefahren sowie der Möglichkeit , sich frei und unabhängig mittels diverser Quellen ein umfassendes , wahrheitsgetreues Bild zu erschaffen , ist eine solch finale Charakterisierung von Menschen , die man nicht persönlich kennt , nur eines : unnütz . . . überheblich . . . selbstgerecht .
Auch ist sie schwerlich legitim zu nennen .
Wir sollten uns , selber gut aufgehoben , besser um Empathie für alle Opfer
dieser Welt bemühen . Wer Krieg aber beginnt , befeuert , mitträgt — ganz
besonders als Soldat hirn - und geistlos tötet auf Befehl ; sich gar ergötzt
am Unendlichen Leid — der sollte dereinst vor ein Tribunal himmlischer
Wesen treten und zur Hölle fahren .
Auf Erden aber muss solch abgrundtiefe , gnadenlos böse
Widerwärtigkeit , wo immer sie auch ihre Fratze zeigt ,
sofort geächtet und notfalls getötet werden .
Und hier übertrete ich die eigene Maxime .
Urteile . Richte . Henke .
Als wäre ich ein Gott und mein Zorn über alle Teufel unantastbar rein .
Ein solcher Gott , hätte es ihn gegeben , müsste schon vor Urzeiten
im Spiegel seiner Selbst zu Staub zerfallen sein .
Und doch ist es das schwere Erbe dieser Menschheit , seit sie denkfähig wurde und Erkenntnis Teil von ihr , der niemals endenden Verpflichtung
nachzukommen , welche ein Leben mitten unter M E N S C H E N
erst erträglich macht :
Die vollkommene Unversehrtheit der Unschuldigen
Allumfassender Schutz und immerwährende Hilfe für
Alle Wehrlosen und Schwachen
Jegliches Gleichgewicht —
Besonders dieser Welt und aller Lebensformen
Weise und Wohlwollend
zu achten zu bewahren zu verteidigen .
Gerade hier versagen wir . Schon immer . Immer wieder .
Und wieder und wieder und wieder . . .
und gerade JETZT !
Wir wünschen uns in Träumen absolute Macht
und sind vor ihrem Angesicht doch immer kleiner
als ihr Schatten im Zenit .
Nun aber zur Musik :
Ein jeder Mensch darf und muss für sich allein entscheiden .
Für sich ganz allein . Kein Land , keine Regierung , keine Institution soll hier
uns Individuen ihren Willen vorschreiben . Alles ist und bleibt persönlich
und privat . Man darf — und muss doch nicht . . .
Es sollte sich auch jeder Mensch der Grossen Konsequenz bewusst werden .
Leben ohne die russische Kultur scheint mir für Europa undenkbar .
Ebensolches gilt für mich . Es ist ,
als schnitte man sein Herz entzwei und würfe eine Hälfte in den Tod —
« so dass die jäh Entrissenen einer den andern suchend sich fortan selbst verzehren wie zwei Schwäne nach einander rufend . »
Und trotzdem , schweren Herzens und versagendem Gemüt :
Sämtliche CD's mit russischer Musik müssen mein Leben für eine noch ungewisse Zeit verlassen . Dasselbe gilt für Konzert und Ballett .
Russischen Menschen , Musikern und Musikerinnen
sei aber Zuflucht gewährt . Ausser sie befürworten den Krieg .
Auch Literatur ist nicht betroffen . Tolstoi , Puschkin , Čechov bleiben . . .
Z w e i A u s n a h m e n , vielleicht ( ? )
Den grössten Verlust bereitet mir der Verzicht auf Tchaikovsky .
Seine Klavier - Musik . Seine Ballettkompositionen .
Schwanensee und Nussknacker
habe ich geliebt .
Aber ich werde auch in Jahren beim Anhören nicht den vertrauten
Genuss erleben dürfen , sondern die Bilder sehen , welche sich mir immer
tiefer einbrennen .
Ich lebe wohl nicht mehr lange genug , um Alles zu überwinden .
Zu Vieles liegt noch in den Wehen dieser Zeit .
Einiges findet sich erneut . Irgendwann —
einmal im leben wieder ?
fragt das herz
. . .
s p ä t e r —
j a . . . v i e l l e i c h t